Sicher, um sich auf dem derzeitigen Mobilfunksektor behaupten zu können, ist weitaus mehr als das Aufstellen und Anbieten des einen oder anderen Handyvertrag vonnöten. Das weiß auch die Deutsche Telekom. Schließlich sorgen die zahlreichen Konkurrenten an Mobilfunk-Discounter sowie die Erzrivalen Vodafone und O² auch in jüngster Zeit immer wieder für Kundenschwund bei dem einstigen Platzhirsch des Kommunikationssektors. Nun scheint die Telekom jedoch einen überaus ungewöhnlichen Schritt zu wagen, dessen Bedeutung beziehungsweise Reichweite bisweilen noch nicht abzuschätzen sind. Denn der Telefon- und Internetexperte will nun offensichtlich auch in das hiesige Sportwettengeschäft einsteigen – zumindest lässt darauf die neueste Meldung, nach der das Unternehmen bereits in naher Zukunft die Deutsche Sportwetten GmbH (DSW) übernehmen möchte, schließen. Was dieser Schritt bedeutet, und wie er von Experten beurteilt wird, verraten die folgenden Zeilen.
Kauf mit Holpersteinen
Trotz der zahlreichen Konkurrenz gilt die Deutsche Telekom nach wie vor als eine der erfolgreichsten Firmen auf dem Kommunikationssektor. Und nicht nur das: Mit einem geschätzten Jahresumsatz von rund 60 Milliarden Euro gilt sie sogar als das erfolgreichste Unternehmen, dem der Sprung von dem deutschen auf den internationalen Mobilfunksektor gelungen ist! Nun sorgt die Meldung, ebendieses weltweit agierende Imperium wolle in den heimischen Markt von Sportwetten einsteigen, in den Köpfen Abermillionen Menschen für Fragezeichen: Will die Deutsche Telekom tatsächlich zum Lotto-Ersatz werden? Eine Sprecherin des Konzerns gab zumindest zu, dass der Aufkauf des Löwenanteils an Aktien der Deutschen Sportwetten GmbH in Aussicht stehe und lediglich noch eine Überprüfung des Geschäfts auf juristischer Seite erfolgen müsse. Kartellamt und weitere Organe haben nämlich auch im milliardenschweren Glücksspielsektor ihre Finger im Spiel beziehungsweise sorgen auf diesem für die Einschränkung der nach wie vor sehr hohen Kriminalität. Zudem will die Deutsche Telekom erst noch abwarten, ob die DSW tatsächlich als staatlich anerkanntes und somit gänzlich legales Unternehmen eingestuft wird. Derweil ist das Hessische Landesgericht für diesen Schritt zuständig: Jahr für Jahr werden sogenannte Wett-Lizenzen vergeben. Die Anzahl ist stark begrenzt (derweil liegt sie bei 20) und soll für die nötige Transparenz auf dem deutschen Lotteriemarkt sorgen. Sollte das Land Hessen jedoch grünes Licht geben, will sich die Deutsche Telekom unverzüglich an den Aufkauf des Unternehmens wagen. Bis zur eigentlichen Entscheidung und zur Bekanntgabe sämtlicher Formalitäten sollen allerdings noch weitere 2 Wochen nach dem gefällten Urteil vergehen – dies habe man mit der Leitung der DSW ausgemacht, heißt es auf dem Hause Telekom. Dass die DSW den staatlichen Zuspruch erlangt, scheint jedoch so gut wie sicher, da diese bereits jetzt auf Platz elf der 20 zugelassenen Wettgemeinschaften steht. Und so scheint die geplante Investition auch weniger eine mögliche Ausweitung des Tätigkeitsmodells der Deutschen Telekom, sondern vielmehr ein abgeschlossenes Geschäft darzustellen.
Widerspruch aus der Spielhölle
Ungeachtet des nahezu sicheren Aufkaufs der DSW (derweil gehört diese noch der österreichischen Wettgesellschaft „ÖSW“ an) könnte sich die letztendliche Übernahme nochmals deutlich verzögern – und das sogar um Monate! Denn gleich mehrere Sportwetten- und Wettbüros haben bereits jetzt ihren Unmut kundgetan und Widerstand angekündigt: Sollte die DSW die Lizenz als offizieller Wettbetrieb erhalten, will deren Konkurrenz ohne Umwege Klage einreichen. Grund: Unlauterer Wettbewerb. Die Folgen könnten allen Seiten teuer zu stehen kommen. Denn dann könnten die Geschäfte der DSW, je nach Umfang der geplanten Sammelklage, erst einmal auf Eis gelegt werden, die Deutsche Telekom mit ihrem großen Schritt in der Luft hängen bleiben und das Land Hessen mit einigen Überstunden im Justizwesen belastet werden. So stehen die Prüfer bereits jetzt vor einem Dilemma: Wird der DSW das Recht, auf dem Sportwettenmarkt agieren zu dürfen, zugesprochen, muss mit einem umfangreichen Gerichtsverfahren, dessen Ausgang ungewiss ist und die verschiedensten Auswirkungen nach sich ziehen könnte, gerechnet werden. Wird der DSW die Lizenz abgesprochen, müssen wiederum neue Richtlinien für das gesamte Vergabeverfahren aufgestellt werden, da sich unterhalb des elften Platzes auf der offiziellen Vergabeliste nicht allzu viel getan hat.
Einschätzung und Auswirkung
Ganz gleich, wie das Urteil des hessischen Justizwesens auch ausfallen mag: Bereits jetzt hat sich die Deutsche Telekom mit der geplanten Übernahme des Sportwettenprofis in den Vordergrund der Nachrichtenlandschaft gerückt. Denn Glücksspiel wird nach wie vor als ein eher unseriöses, teils gar verpöntes, Geschäftsmodell angesehen, was auch nicht weiter verwunderlich erscheint, denkt man nur einmal an die zahlreichen Glücksspielsüchtigen, die nur allzu häufig mit mehreren Tausend Euro hohen Schuldenbergen zu kämpfen haben. Und so wird der anvisierte Aufkauf auch mit recht kritischen Augen beobachtet – nicht nur von der Konkurrenz und dem Landesgericht Hessen: Kritiker, Kommunikationsexperten und nicht zuletzt PR-Manager sind sich bisweilen noch unstrittig darüber, ob der Deutschen Telekom der Einstieg ins Wettgeschäft mehr Vor- oder Nachteile verschafft. So dürfte sich der Deal mit dem Glücksspiel rein summentechnisch durchaus auszahlen. Dem „Saubermann-Image“ der Telekom könnte der Entschluss des Kommunikationsriesen, auch noch zum Wettanbieter aufzusteigen, jedoch sehr schnell und sehr nachhaltig schaden – sinkende Aktienkurse inklusive versteht sich. Ob sich der Griff zum Sportwetten-Zepter letzten Endes lohnt, bleibt also abzuwarten. Viel begrüßenswerter wäre wohl der Ausbau des nach wie vor sanierungsbedürftigen Internet-Netzes für mobile Endgeräte in Großstädten gewesen. Hier will sich die Telekom jedoch zunächst einmal zurückhalten, denn den neuesten Entschlüssen der Bundesnetzagentur zufolge sollen in diesem Sektor schließlich bereits in absehbarer Zukunft einige Milliarden Euro an Steuergeldern investiert werden. Mit diesem Hintergrundwissen erscheint der Aufkauf der DSW als ein durchaus profitabler Zeitvertreib.
Lesen Sie auch hierzu den zeit.de Artikel Telekom & Sportwetten zum Thema „Die Telekom steigt ins Glücksspiel ein“.